Auricher Geschichte

Das Conring’sche Haus in der Burgstraße

Recherchiert und geschrieben von – Kalli Gramberg

Conrad Bernhard Meyer (1755-1830)

Ihm hat die Stadt viele Gebäude zu verdanken, dem Auricher Architekten Conrad Bernhard Meyer (1755-1830). Bereits mit 18 Jahren übernahm er 1773 als Gastwirt das Hotel „Schwarzer Bär“ am Auricher Marktplatz – von seinem Vater, Jannes Meyer. In den folgenden Jahren stieg Sohn Conrad Bernhard zum ersten Hotelier in Aurich auf. Seit 1793 stiegen dort die vornehmsten Reisenden ab.

Auricher Gastronom betreibt Stadtentwicklung

Der untriebige Gastronom wurde im Laufe der folgenden Jahre zum wesentlichen Gestalter der Stadt. 1796 ist er maßgeblich an Planung und Ausführung einer Kanalverbindung zwischen Aurich und Emden beteiligt. Der alte Stadtgraben vor der Ostfriesischen Landschaft wird zu einem kleinen Hafen ausgebaut. Um 1800 plant und errichtet er dort ein Speditionshaus. Später wurde es zum Hafenwärterhaus – heute „Pingelhus“.

Das ein Gastwirt im 19. Jahrhundert wesentlich die Auricher Stadtentwicklung prägte, ist in Ostfriesland einmalig. Bereits 1790 entdeckte Meyer seine Vorliebe für Architektur. Nach seinen Plänen entstand in diesem Jahr sein erster klassizistischer Neubau – ein dreigeschossiges Wohnhaus am Marktplatz – heute „Löwenapotheke“.

Zwei Jahre dauerte die Bauzeit

1804 wagt er sich an den Bau des Conring‘schen Hauses an der Burgstraße. Unwiderstehlich zieht das reich verzierte, enorm breite Gesims mit dem Giebeldreieck den Blick nach oben. Hier stand bis 1803 ein recht baufälliges zweistöckiges Wohnhaus. Nach zweijähriger Bauzeit war das für damalige Auricher Verhältnisse äußerst vornehme Bürgerhaus 1806 bezugsfertig. Seitdem ist das Anwesen in ununterbrochener Folge im Conring´schen Besitz. Auch das ist etwas einmaliges in Aurich.

Der Familie kann nicht hoch genug angerechnet werden, dass auch alle nachfolgenden Generationen darauf bedacht waren, das Haus nahezu unverändert über die Zeiten zu retten. An allen Auricher Geschäftsstraßen gibt es keine Stelle, an der sich – wie hier in der Burgstraße – ein bürgerliches Wohnhaus zwischen all den vielen Schaufenstern behauptet hat. Das wird sicher auch in Zukunft so bleiben. Mit Hilfe des Denkmalschutzes investierte Dr. Werner Conring 1991 erhebliche Mittel in die komplette Restaurierung des großen Daches und vor allem in das äußerst wertvollen Friesses.

Warum ist hier wohl abgesperrt?

Mancher mag sich über die Absperrung vor dem Gebäude auf der Fußgängerzone wundern. Doch damit hat es eine besondere Bewandnis. 1806 befand sich an dieser Stelle eine sogenannte „Wanderung“. Wahrscheinlich hat es in der ganzen Stadt keine so hohe gegeben, wie hier – in voller Hausbreite. Wie sie genau ausgesehen hat, lässt sich heute nur vermuten. Der Auricher Grafiker Kalli Gramberg hatte einst versucht es nachzuvollziehen.

Mit dieser recht aufwendigen Fassadengestaltung hob sich das Conring‘sche Haus in besonderer Weise hervor. Damit lag es voll im Trend der Zeit eines aufstrebenden Bürgertums, als neuer Stand des Besitzes und der Bildung. Nach dem Motto „Hast Du was – bist Du was“, zeigte man seine Wohlhabenheit ganz offen.

Hatten wir schon mal: Ärger mit der Stadtverwaltung 

Schon in den dreißiger Jahren wollte der Magistrat der Stadt Aurich die Wanderung weg haben. Sie störte den Verkehrsfluss auf einer der wichtigsten Hauptverkehrsadern durch die Stadt, der Burgstrasse. Lange Jahre konnte sich der Jurist Justus Conring gegen dieses Vorhaben erfolgreich behaupten. Er versuchte nachzuweisen, dass durch die Wegnahme des Podestes die Standfestigkeit der ganzen Vorderfront gefährdet sei. Erst als der Landbau-Conducteur Blohm dies widerlegen konnte, war es um die Wanderung geschehen. 1843 wurde sie abgebaut und zu einem sogenannten „Trottoir“ umgestaltet.

Gastwirt und Architekt Conrad Bernhard Meyer war allerdings nicht nur der Architekt des Hauses. Er betrieb zudem auch noch eine Baustoffhandlung am Auricher Hafen und lieferte alle Materialien für den Neubau – die (wie praktisch) über den Auricher Hafen angeliefert wurden. Das jedenfall geht aus den Original-Rechnungen hervor, die sich noch heute in Familienbesitz befinden. Zwischendurch berechnete Meyer auch Löhne fürs Sägen. Da hatte seine gerade fertiggestellte Sägemühle an der Haxtumer Brücke ihre ersten Aufträge. In den Rechnungen sind auch die Namen der Fuhrleute aufgeführt – und wir entdecken, dass sich Conrad Bernhard Meyer im Juni 1804 nicht zu schade war, 2000 Steine selber anzuliefern.


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